Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Ein Rosenkäferverwandter (Scarabaeidae, Rutelinae) names Chrysina macropoda aus Kolumbien in den Zoologischen Sammlungen. © F. Steinheimer, MLU

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Großobjekte

Großobjekt: Riesenkalzitsphärite und ein fossiler Baumstamm im Vorgarten des ZNS am Domplatz 4

Autor: Dr. Meinolf Hellmund

Fragment eines kleinen Kalzitsphäriten mit radialstrahliger 
Innenstruktur aus dem Geiseltal. Ausgehend von einem 
zentralen Kristallisationskern sind die Kristallite 
strahlenförmig von innen nach außen gewachsen. Es handelt 
sich hierbei um eine anorganische Bildung, Maßstab = 5cm. 
Foto: Michael Stache, ZNS.

Fragment eines kleinen Kalzitsphäriten mit radialstrahliger Innenstruktur aus dem Geiseltal. Ausgehend von einem zentralen Kristallisationskern sind die Kristallite strahlenförmig von innen nach außen gewachsen. Es handelt sich hierbei um eine anorganische Bildung, Maßstab = 5cm. Foto: Michael Stache, ZNS.

Fragment eines kleinen Kalzitsphäriten mit radialstrahliger
Innenstruktur aus dem Geiseltal. Ausgehend von einem
zentralen Kristallisationskern sind die Kristallite
strahlenförmig von innen nach außen gewachsen. Es handelt
sich hierbei um eine anorganische Bildung, Maßstab = 5cm.
Foto: Michael Stache, ZNS.

Einige Kilometer südwestlich von Halle (Saale) lag einst das Braunkohlenrevier Geiseltal, das für seine herausragenden Fossilfunde, darunter insbesondere die Säugetiere, weltberühmt geworden ist. Weitaus weniger bekannt, aber nicht minder von wissenschaftlichem Interesse sind anorganische Mineralbildungen wie die sogenannten Kalzitsphärite, von denen zwei der größten und weltweit einzigartigen Exemplare im Vorgarten des ZNS am Domplatz 4 aufgestellt sind. Hinzu kommt noch ein imposanter fossiler Baumstamm, der ebenfalls aus dem ehemaligen Braunkohlenrevier Geiseltal stammt.

Bei den Kalzitsphäriten handelt sich um kalkige, hellbraune bis graue anorganische Bildungen (Sammelkristallisation), die sich um einen Kristallisationskern aus sehr kleinen Kalzitkristallen im Inneren beginnend, in strahlig nach außen gewachsenen Kristallen fortsetzen (Abb. 1 und Abb. 2) und dabei eine feinnarbige Kugelform entstehen ließen. Das hierzu nötige Kalziumcarbonat wurde von Südwesten aus über Gewässer in Form von Kalziumhydrogencarbonat während des Mitteleozäns in die Moorsenke des Geiseltales transportiert. Über die Entstehungsdauer solcher Kalzitsphärite ist nichts bekannt.

Ihr Alter lässt sich mit ca. 43-47 Millionen Jahren (Mitteleozän) vor heute angeben. Ihr Fundort lag im ehemaligen Braunkohlenrevier Geiseltal, südwestlich von Halle (Saale), im Tagebau Mücheln (Abb. 3). Heutzutage sind die ausgekohlten Tagebaue vom künstlichen Geiseltalsee bedeckt. Die Auffindung dieser Großobjekte (Durchmesser jeweils ca. 1,5 Meter) und deren Bergung fiel in das Jahr 1955; das Gewicht einer einzigen Kalkkugel beträgt ca. 5 Tonnen.

Seit den 1950er Jahren haben die Kalzitsphärite und der fossile Baumstamm bereits den Status von Naturdenkmalen erhalten, im Jahre 2012 wurden sie zusammen mit der übrigen Geiseltalsammlung in die „Liste der national wertvollen Kulturgüter Deutschlands“ aufgenommen. Die Geiseltalsammlung steht damit insgesamt unter besonderem staatlichen Schutz.

Die Erstaufstellung erfolgte im Innenhof der Neuen Residenz im Jahre 1955. Die Restaurierung in den Jahren 2011-2012 und die Wiederaufstellung vor dem Gebäude des Zentralmagazins Naturwissenschaftlicher Sammlungen wurde im Dezember des Jahres 2012 vorgenommen [vgl. Jahresbericht 2012, Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, S. 42-43, 3 Abb.].

Der fossile Baumstamm bestand ursprünglich aus zwei zusammengehörigen Teilen, er wurde erstmalig bei der Wiederaufstellung zusammengefügt. Es handelt sich wahrscheinlich um eine sumpfzypressenartige Konifere. Nach dem Absterben des Baumes wurde der Stamm während des Inkohlungsprozesses infolge des Eindringens von Kalziumhydrogencarbonat und durch die anschließende Ausfällung von Kalziumcarbonat imprägniert.

Das Alter entspricht mit ca. 43-47 Millionen Jahren (Mitteleozän) demjenigen der Riesenkalzitsphärite. Der Fundort lag im ehemaligen Braunkohlenrevier Geiseltal, südwestlich von Halle (Saale) im Tagebau Elisabeth. Gefunden und geborgen wurde das Großobjekt im Jahre 1952. Die Gesamthöhe beträgt ca. 4,70 Meter, der Durchmesser im unteren Teil ca. 0,90 Meter und weiter oben ca. 0,65 Meter. Das Gewicht macht insgesamt ca. 5 Tonnen aus.

Der fossile Baumstamm ist ebenfalls auf der „Liste der national wertvollen Kulturgüter Deutschlands“ verzeichnet. Die Erstaufstellung in zwei separaten Teilen erfolgte im Innenhof der Neuen Residenz im Jahre 1952. Die Restaurierung wurde in den Jahren 2011-2012 vorgenommen. Die Zusammenfügung der beiden Teile und die Wiederaufstellung vor dem Gebäude des Zentralmagazins Naturwissenschaftlicher Sammlungen war im Dezember 2012 [vgl. auch hierzu Jahresbericht 2012, Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, S. 42-43, 3 Abb.].

Der Querbruch (Durchmesser ca. 150 cm) an einem der großen 
Kalzitspärite läßt mittig das Kristallisationszentrum 
erkennen und davon 
ausgehend die radialstrahlig angeordneten Kristallite aus 
Kalziumcarbonat. Die 
Querschnittansicht wurde während der Restaurierung im Jahre 
2012 
aufgenommen. Foto: Markus Scholz im Auftrag des ZNS.

Der Querbruch (Durchmesser ca. 150 cm) an einem der großen Kalzitspärite läßt mittig das Kristallisationszentrum erkennen und davon ausgehend die radialstrahlig angeordneten Kristallite aus Kalziumcarbonat. Die Querschnittansicht wurde während der Restaurierung im Jahre 2012 aufgenommen. Foto: Markus Scholz im Auftrag des ZNS.

Der Querbruch (Durchmesser ca. 150 cm) an einem der großen
Kalzitspärite läßt mittig das Kristallisationszentrum
erkennen und davon
ausgehend die radialstrahlig angeordneten Kristallite aus
Kalziumcarbonat. Die
Querschnittansicht wurde während der Restaurierung im Jahre
2012
aufgenommen. Foto: Markus Scholz im Auftrag des ZNS.

Weiterführende Literatur:

Gallwitz, H. & Krumbiegel, G. (1957): Riesenkalzitsphärite in der Braunkohle des Geiseltales. – N. Jb. Geol. Paläont. Abh., 105 (1), 71–78, Stuttgart.

Krumbiegel, G. (1957): Eigenartige Mineralbildungen in der Braunkohle des Geiseltales. – Urania, 20 (1), 28-30, 8 Abb., Jena.

Krumbiegel, G. (1958a): Kalke in der Braunkohle – Natur und Heimat, 1958 Heft 1, 22–23, 3 Abb., Berlin.

Krumbiegel, G. (1958b): Die Kalkkugeln aus der Braunkohle des Geiseltales – Geologische Naturdenkmäler. – Unser Merseburger Land, 1958 Heft 5, 1–3, 2 Abb., Merseburg.

Krumbiegel, G. (1959a): Die Kalkvorkommen in der alttertiären Braunkohle Mitteldeutschlands. – N. Jb. Geol. Paläont. Abh., 107 (2), 173–203, Stuttgart.

Krumbiegel, G. (1959b): Die tertiäre Pflanzen- und Tierwelt der eozänen Braunkohle des Geiseltales bei Halle/Saale. (Das Geiseltalbuch). – Die Neue Brehmbücherei, Heft 237, 156 S., 91 Abb., 29 Fig., Wittenberg-Lutherstadt.

Krumbiegel, G. (1986): Zwei bemerkenswerte paläobotanisch-dendrologische Naturdenkmale im Bezirk Halle (Taxodium distichum (L.) und Taxodioxylon sp. GOTHAN). – Fundgrube XXII (4), 98–100, 108–110, 4 Abb., Berlin.

Mehrere Riesenkalzitsphärite im Tagebau Mücheln 
(Geiseltal), vgl. 
Aktentasche als Maßstab. Foto: Archiv Geiseltalmuseum, 
1955.

Mehrere Riesenkalzitsphärite im Tagebau Mücheln (Geiseltal), vgl. Aktentasche als Maßstab. Foto: Archiv Geiseltalmuseum, 1955.

Mehrere Riesenkalzitsphärite im Tagebau Mücheln
(Geiseltal), vgl.
Aktentasche als Maßstab. Foto: Archiv Geiseltalmuseum,
1955.

Christoph Gottfried Andreas Giebel (1820-1881)

Christoph Gottfried Andreas Giebel wurde am 13. September 1820 als dritter Sohn des Gipsbrennereibesitzer Gottfreid Andreas Giebel in Quedlinburg geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums begann er 1841 an der Universität Halle Mathematik und Naturwissenschaften zu studieren. Bereits im ersten Semester wurde Giebel durch Prof. Ernst Friedrich Germar, Mineraloge und Entomologe, aufgefordert, im mineralogischen Museum zu forschen, und bald hielt er auch gratis Vorlesungen. Eine im dritten Semester vollendete Monographie zu fossilen Hyänen wurde 1845 eingereicht und mit ihr das Doktordiplom erworben. Schon in jungen Jahren konnte Giebel in seinen umfangreichen Veröffentlichungen sein reiches Wissen und seine Fertigkeiten in praktischen Untersuchungen beweisen, die ihm vortrefflich für einen akademischen Lehrberuf auswiesen. Seine Habilitation wurde am 6. Mai 1848 aufgrund einer monographischen Darstellung des subhercynischen Gebietes amtlich vollzogen.

Die Vorlesungen, die im nächsten Semester begannen, erfreuten sich einer hohen Zuhörerzahl. In den folgenden Jahren vertrat er bei BedarfBurmeisters Vorlesungen über Zoologie. Als Germar im Wintersemester 1852 erkrankte und 1853 starb, übernahm Giebel die Vorlesungen für Mineralogie und Geologie sowie die Anfertigung eines Kataloges über das mineralogische Museum, welches ein ganzes Semester Zeit in Anspruch nahm und für welche er, genau wie für die Vertretung der Vorlesungen, keine Anerkennung erhielt. Seine Hoffnung, bei der Wiederbesetzung der Stelle von Germar berücksichtigt zu werden, ging ebenfalls nicht in Erfüllung.

Ab 1853 gab Giebel für den Sächsisch-Thüringischen naturwissenschaftlichen Verein in Monatsheften „die Zeitschrift für die gesammte Naturwissenschaft“ heraus. In dieser Zeitschrift veröffentlichte er in den folgenden Jahren fast ausschließlich seine Forschungsergebnisse.

Im Jahre 1858 wurde Giebel aufgrund der jahrelangen ExpeditionenBurmeisters zum außerordentlichen Professor für Zoologie ernannt und übernahm stellvertretend die Direktion des Institutes. Im Berufungsgeschehen nach 1860 um die Burmeister-Position setzte sich, trotz namhafter Mitbewerber wie z. B. Ernst Haeckel (Jena), nach einem komplizierten und nicht unumstrittenen Verhandlungsverlauf dennochChristoph Giebel durch. Es war wohl der ausdrücklich geäußerte WunschBurmeisters nicht Wissenschaftler wie Gegenbaur, Leydig, Lieberkühnoder Meissner als Nachfolger für „sein Museum“ einzustellen, da diese den Wert der Sammlung nicht begreifen würden.

Giebel wurde 1862 zum ordentlichen Professor für Zoologie und zum Direktor des zoologischen Museums ernannt. Er sah eine wichtige Aufgabe in der Nutzbarmachung der Sammlungen für Lehre und Forschung. Man kann ihm Fleiß und Tatendrang bescheinigen und sein überliefertes Engagement zum Lehren und Publizieren ist bewundernswert. Aus den Vorlesungsverzeichnissen ist bekannt, dassGiebel Vorlesungen zur „Allgemeinen Zoologie“, „Ornithologie“, „Paläontologie“, „Entwicklungsgeschichte“, „Anatomie und Physiologie der Haustiere“ und „Naturgeschichte der Säugetiere“ hielt.

Aufgrund seines jahrelangen Engagements als Gründer und Vorsitzender des Naturwissenschaftlichen Vereins von Sachsen (1848) und Thüringen (1852) wurde ihm zu Ehren 1904 ein Gedenkstein gesetzt, der seit wenigen Jahren wieder im Vorgarten des Institutes zu sehen ist. Das wohl prominenteste Vereinsmitglied war Charles Darwin. Publizistisch gab der Verein die Zeitschrift für Naturwissenschaften heraus.

Giebel bemühte sich um eine Erweiterung der von Nitzsch begonnenen Mallophagensammlung und fügte weitere Typen hinzu. Zahlreiche, vonBurmeister gesammelte, Typen wurden erstmals von Giebelbeschrieben.

Stets war er bestrebt, die Sammlung weiter auszubauen, noch bestehende Lücken in den Tierklassen zu schließen und die vorhandenen Bestände zu erweitern.

Die Universität verdankt dem Wirken Giebels u. a. die Sammlungen von E. F. Germar (Rüsselkäfer weltweit), C. W. L. E. Suffrian (Käfer weltweit), G. A. Keferstein (Schmetterlinge weltweit) und H. Steinfurth(Conchylien weltweit).

Giebel publizierte eine große Masse an Veröffentlichungen. Er schaffte jährlich 200 Druckbögen und mehr. Seine Manuskripte las er jedoch nicht durch und korrigierte sie auch nicht mehr. Durch mangelnde Sorgfalt, z. T. Oberflächlichkeit und fehlende Selbstkritik fiel die Beurteilung seiner Schriften durch Fachkollegen oft schlecht aus.

Giebel blieb in seiner Forschung der systematischen Richtung in der Zoologie treu und stand der Entwicklungslehre der neuen Naturforschung, dem Darwinismus, ablehnend gegenüber. Seine Gegner ehrten in ihm die Gewissenhaftigkeit der Überzeugung und das ungewöhnlich umfangreiche Wissen.

Literatur

Anonym (1881): Christoph Gottfried Andreas Giebel. Ein Lebensbild.- Zeitschr. f. d. ges. Naturw. Bd. LIV: 613-637.

Gattermann, R. & V. Neumann (2005): Geschichte der Zoologie und der Zoologischen Sammlung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg von 1769-1990. Abh. d. Sächs. Akademie d. Wiss. zu Leipzig. Bd. 63, H. 3: 1-184.

Görgner, E. et. al. (2002): Kulturerbe Natur - Naturkundliche Museen und Sammlungen in Sachsen-Anhalt, Halle.

Taschenberg, O. (1894): Geschichte der Zoologie und der Zoologischen Sammlungen an der Universität Halle 1694-1894. Abh. d. Naturf. Ges. Halle. XX: 1-176.

Gedenkstein für C. G. Giebel, gestiftet vom 
Naturwissenschaftlichen Verein für 
Sachsen und Thüringen. Foto: D. Heidecke, 2011.

Gedenkstein für C. G. Giebel, gestiftet vom Naturwissenschaftlichen Verein für Sachsen und Thüringen. Foto: D. Heidecke, 2011.

Gedenkstein für C. G. Giebel, gestiftet vom
Naturwissenschaftlichen Verein für
Sachsen und Thüringen. Foto: D. Heidecke, 2011.

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